Nagykanizsa, Ungarn, 2.-5.7.09 - www.eventing.hu
Final Results Individual - Final Results Team
6.7.09/tacam.
Mannschaftsgold für Deutschland (326.84 Pkt.) mit nur einem Hunderstelpunkt Vorsprung vor Belgien (326.85).Ganz knapp und erst im letzten Sprung der letzten Reiterin auf den Bronzeplatz zurückgefallen die Briten (328.09). Einzelgold an die Deutsche Ina Tapken auf dem überragend springenden London Return vor Landsfrau Antje Deparade mit Komtess und der nach Dressur und Gelände führenden Britin Hannah Mace mit Toy Boy. Die Schweizer nach Sieg in der Mannschaftsdressur mit wenig Wettkampfglück gesegnet.
Man wollte eigentlich mit 7 Paaren ins ferne Ungarn reisen, um die Chancen zu erhöhen, eine vollständige Mannschaft ins Ziel zu bringen. Doch bereits vor der Abreise musste Tanja Gmür forfait geben, weil sich ihr Iranus leicht verletzt hatte auf der Weide. Der zweite Ausfall betraf Jaqueline Spinners Serano, der wegen einer kleinen, aber eben doch zwei Tage in Anspruch nehmenden Transportverletzung gar nicht antreten konnte, obwohl sich Alt-Olympiareiter, Österreich-Trainer und Tierarzt Thissy Baumann sehr um das Pferd bemüht hatte.
Dann ging es aufwärts und die Schweizer Rumpf-Mannschaft gewann am Donnerstag mit einer sehr präzisen und schwungvollen Vorführung die Mannschaftsdressur: 73,77% vor England und Deutschland!
Am Freitag wollte niemand so recht glücklich werden, nicht einmal diejenigen, die zu ihrem eigenen Erstaunen hoch bewertet wurden in der Einzeldressur. Denn die Dame im Richtergremium richtete derart kreuz und quer und für niemanden - nicht einmal für sie selbst! - nachvollziehbar, da sie auf die Fragen diverser Konkurrentren, wie sie auf ihre von den Kollegen doch ganz arg differierenden Bewertungen und auf ihre völlig andere Rangliste komme, nur kopfschüttelnd antwortete, sie könne sich an nichts erinnern... Dressurrichterei ist und bleibt eine subjektive Sache, aber es gibt doch Grenzen, wo die FEI zugunsten der Konkurrenten einschreiten sollte, denen solche völlig willkürliche Richterei etwas die Lust am Dressur-Arbeiten nehmen kann.
Hans Lenhard zeigte eine solide Leistung auf dem delikat tiefen Boden und kam auf einigermassen nachvollziehbare 53.3 Pkt. .
Als Zweite waren Esther Andres und Schwalbenprinz an der Reihe, die eine wie gewohnt schöne Vorführung boten, mit einem kleinen Fehler beim zweiten einfachen Wechsel. Die 50.7 Pkt. waren dann aber - verglichen mit Programmen, die in die tiefen Vierziger kamen -, doch kaum nachvollziehbar. Bei ihr zeigte sich schon das völlige Abgleiten der tschechischen Richterin.
Tamara Acklin und Lutine kamen als drittes Schweizer Paar mit einem ruhigen, losgelassenen Programm mit einem kleinen Schnitzer drin auf enttäuschende 60.5 Pkt.
Brigitte Peterhans präsentierte die etwas gespannte Lara de la Cense selbstsicher und erntete 54.
Jrina Giesswein und Thunder zeigten ein richtig schwungvolles Programm mit deutlichen Übergängen, kam aber auch nicht unter die 50er-Marke (50.2). Bei ihr war die tschechische Richterin fast 30 Punkte tiefer als die beiden andern und konnte ihre Richterei nachträglich nicht begründen.
Cross auf schwerem Boden
Am Samstag war die gut 3km lange Geländestrecke zu bewältigen, die viele technische Fähigkeiten von Pferd und Reiter abfragte. Die schwierigste Kombination mit vier Elementen vor, im und nach dem Wasser, kurzen Distanzen und engen Wendungen stand als zweitletzter Hinderniskomplex nach einer Steigung etwas wenig fair und sorgte für viele unschöne Bilder. Hauptherausforderung war aber neben der Topographie, dem langen Waldstück und der Linienführung das Geläuf, das teilweise durch die vielen Regenfälle an der Grenze der Reitbarkeit lag. Entsprechend viele Zeitfehler, Vorkommnisse und Ausfälle gab es in der ganzen Prüfung.
Hans Lenhard/Jongleur de Safray über 14b
Am härtesten traf es Hans Lenhard, der zwar eine saubere Nullrunde mit etwas Zeitfehler nach Hause brachte, dessen Jongleur de Saffray aber am Sonntag nicht mehr zum Springen antreten konnte. Doch auch Tamara Acklin ärgerte sich über ihren Runterpurzler bei einer Wallkombination, bei der in gerader Linie ein Element der Einsternprüfung stand und das zu springende Element seitlich schräg versetzt war. Lutine wollte geradeaus, Tamara nach rechts - und sie trennten sich, wenn auch gottlob nur kurzfristig und ohne Schaden zu nehmen.
Brigitte Peterhans/Lara de la Cense über dem zweitletzten Hindernis, Nr. 20c
Aber damit war die Mannschaft geplatzt, obwohl Brigitte Peterhans ihre Lara de la Cense sehr überzeugend und angriffig fehlerfrei durch die Klippen des Geländes steuerte und sowohl Esther Andres wie Jrina Giesswein mit guten Runden mit je einem Versehen im anspruchsvollen Gelände überzeugten.
Esther Andres/Schwalbenprinz über 14a
Jrina Giesswein/Thunder über 14b
Alle drei mussten einige Zeitfehler in Kauf nehmen. Die Idealzeit schafften beim teilweise doch arg tiefen Boden nur ganz wenige Paare - und es stellte sich auch die Frage, ob es überhaupt anstrebenswert und nicht im Hinblick auf die Pferdebeine zu riskant war, auf Tempo zu reiten.
Vet.- und Springkrimi am Sonntag
Bei der sonntäglichen Vet-Inspektion drückten die Richter beide Augen zu, da sich einige Pferde nach dieser Anstrengung doch etwas matt oder klamm zeigten. Hans Lenhard stellte seinen Jongleur gar nicht mehr vor, um kein unnötiges Risiko einzugehen. Von den Schweizern traten die drei in der Wertung verbliebenen Amazonen zum abschliessenden Springen an, das nochmals stark klassierte. Jrina Giesswein und Esther Andres zeigten souveräne Runden mit je einem Fehler und kamen auf die Schlussränge 27 und 37, bei Brigitte Peterhans kamen vier Abwürfe dazu. Sie blieb aber mit Rang 19 in der Schlusswertung beste Schweizerin.
Beim Kampf um die Medaillen im Mannschafts- und Einzelwettbewerb blieb es spannend bis ganz zum Schluss. Erst die letzten Sprünge der als Letzte startenden Britin Hannah Mace entschieden über Sieg und Niederlage: mit dem zweiten Fehler verlor sie den Einzelsieg, mit dem dritten die Briten den Mannschaftssieg, so hauchdünn lagen die führenden Teams beieinander.
Fazit
Trotz Sorgen um Wetter und Geläuf und einigen organisatorischen Knöpfen, die aber immer mit viel Einsatz und Enthusiasmus gelöst wurden, war die Stimmung an dieser traditionellen, den Teamgeist in den Vordergrund stellenden Veranstaltung ausgezeichnet. Auch innerhalb des Schweizer Teams herrschte bestes Einvernehmen, was auch der umsichtigen und zurückhaltenden Führung von Equipenchef Philipp Kühne und der unaufdringlichen Betreuung durch Trainer Dieter Bigler zu verdanken war. Beste Tourismuswerbung für die Schweiz machte die mit 15 Kilogramm Röschti, mehreren Kilos Speck und einem Riesenlaib Raclette-Käse angereiste Familie Giesswein, die am kulinarischen Nationen-Abend halb Europa mit Schweizer Köstlichkeiten verwöhnte und zusätzlich den Österreichern mit 60 Eiern aus der Patsche half. Auch die Präsentation der Nationen auf der Bühne war mit viel Spass und Spektakel verbunden und artete in ein europäisches Verbrüderungsfest aus, von dem die EU-Bürokraten nur träumen können.
Fotos: Heinz Giesswein, Tamara Acklin